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Mobbing - leider menschlich

 

Mit diesem Artikel treffe ich vermutlich einen Nerv von vielen Menschen, respektive Mobbing-Betroffenen. Ich vermute auch, dass viele zumindest ahnen, was Mobbing ist, wie sich der Betroffene fühlt. Zumindest ist sich jeder sicher, dass er nie in diese Situation kommen möchte. Und einige werden schon Mobbing erfahren haben, möglicherweise bereits in der Schulzeit, aber ggf. auch erst im Arbeitsleben.

 

Was sicher ist: Es kann jeden treffen.

 

Es gibt kein Schema des angeblichen Fehlverhaltens des Mobbing-Betroffenen. Man gerät unwissentlich und unwillentlich in den Fokus des Mobbers. Man ist also weder selbst schuld, noch „zu“ empfindlich, oder hat irgendwas irgendwie herausgefordert.

 

Um nicht in das Problem des „bin ich zu empfindlich“ zu geraten, oder ggf. tatsächlich zu dramatisieren, ist es wichtig, sich die Definition von Mobbing genau anzusehen und zu erkennen, worin der Unterschied zu einem Konflikt liegt.

 

Mobbing: 
„… destruktive Handlungen unterschiedlicher Art werden wiederholt und über einen längeren Zeitraum gegen Einzelne vorgenommen, die vom Betroffenen als Beeinträchtigung und Verletzung ihrer Person empfunden werden…“

 

Konflikt:

„… es geht darum, einen Schaden oder Nachteil von sich abzuwenden und der Konflikt ist zu Ende, wenn dieses Ziel weitgehend erreicht ist… Durchsetzung der eigenen Interessen wird angestrebt, aber ein Kompromiss liegt immer im Bereich des Möglichen…“

 

Um wirklich von Mobbing sprechen zu können – leider gibt es in jedem Beruf und jedem Arbeitsumfeld nicht nur Konflikte (immer, wenn Menschen aufeinander treffen, kann es zu Konflikten kommen), sondern auch unliebsame Aufgaben, ungerechte Behandlung und schlechte Stimmung – muss also folgendes vorliegen:

 

-          Verbundenheit einer Vielzahl von einzelnen Mobbinghandlungen (oder das gleiche immer wieder)

-          die Mobbinghandlungen sind allesamt destruktiv (schädigend)

 

-          die Mobbinghandlungen erstrecken sich auf einen längeren Zeitraum (nicht einmalig)

 

Wenn ihr also einmalig von eurem Chef ungerecht bzw. unberechtigt heruntergeputzt wurdet und das nicht wiederkehrend passiert, dann handelt es sich nicht um Mobbing. Anders verhält es sich, wenn der Chef Aufgaben verteilt und man selbst immer nur die „unter der Würde liegenden Aufgaben“ erhält und das sogar vor versammelter Mannschaft ins Lächerliche gezogen wird.

 

Es gibt tatsächlich zehn „abgrenzbare“ Mobbinghandlungen, die mit unterschiedlichen Methoden immer das gleiche Ziel verfolgen: Die Person muss weg. Der Mobber „spielt“ also mit der Unsicherheit des Betroffenen, gibt im ggf. zu verstehen, wie unfähig er ist, oder dass er nicht dazu gehört, oder der Betroffene einfach selbst das Problem ist. Die Mobbinghandlungen reichen vom Angriff auf die Arbeitsleistung, über Angriffe gegen die soziale Integration oder gegen das Selbstwertgefühl bis hin zum Privatleben und dies u. a. mittels destruktiver Kritik (auch eine Mobbinghandlung) oder unterlassener Hilfeleistung bis hin zu körperlichen Angriffen.

 

In meinem Arbeitsleben habe ich schon viel erlebt. Manchmal fühlte ich mich in dem Betrieb anfangs nur unwohl. Manchmal baute sich das Unwohlsein langsam auf. Meistens erkannte ich Handlungen nicht als Mobbing. Ich entschuldigte sogar innerlich für mich die Handlungen meines Gegenübers. Erst, als ich offen Missstände ansprach, oder mit Freunden/Bekannten sprach, war zu erkennen, dass zumindest ein härterer Konflikt vorlag und dieser gelöst werden sollte. Ich suche allerdings gerne zuerst den Fehler bei mir und das macht das Ganze stellenweise langwierig bzw. schwierig.

 

Vielleicht kennt ihr ja auch folgende „Sprüche“:

 

„Das sollten Sie mit Ihrer Erfahrung eigentlich wissen.“

„Meiner Meinung nach wissen Sie zu viel und schreiben zu wenig.“

„Ständig machst Du den gleichen Fehler und vergisst xy.“

„Das hat Deine Vorgängerin aber immer gemacht.“

„Ja, das ist ein Fehler – ich habe mir schon gedacht, dass Du das nicht kannst.“

„Erledigen Sie diese Aufgabe! Mehr Infos brauchen Sie nicht.“

„Jeder muss hier Überstunden machen.“

 

Manchmal wurde ich ständig kontrolliert, oder wenn ich den Raum betrat, schwiegen die darin befindlichen Personen abrupt und einträchtig. Bei Nachfragen, oder Hilfeersuchen, bekam ich häufig zu hören „das ist bei uns so, wenn du das nicht schaffst, bist du hier falsch“. Das Vorhalten von Fehlern in meiner Abwesenheit beim Chef gipfelte darin, dass ich mich bei selbigem wehren bzw. aussprechen wollte und nur zu hören bekam „wenn im Betrieb immer jemand querschlägt, dann muss man sich überlegen, sich von dieser Person zu trennen“. Gemeint war hier nicht die Person, die mit jedweder Kleinigkeit zum Chef rannte, sondern ich. Die einmal pro Woche dort arbeitete.

 

In den Betrieben, in denen ich mich prompt äußerst unwohl fühlte, egal, wie lang ich dabei war, folgten auch Kündigungen. Entweder durch mich selbst, oder durch die jeweiligen Chefs. In einem Betrieb war ich bereits länger als 10 Jahre, in zwei anderen noch in der Probezeit, bzw. knapp darüber, als ich zweimal während einer Krankheitsphase (keine gespielte, sondern tatsächlich unverschuldet vorliegende) gekündigt worden war. In beiden Fällen hatte ich sofort das Bewusstsein, dass meine Kündigung aufgrund Krankheit – ja das geht und ist rechtens – nur die Erlösung des Betriebs war, mich endlich losgeworden zu sein.

Da ich mittlerweile den Mund aufmache, wenn mir etwas gegen den Strich geht, oder ich etwas wissen will und muss, ggf. unlogische Tätigkeiten – nach vorheriger Abstimmung – ändere und mich auch gegen Tätigkeiten, die meine Arbeit bzw. meine Person herabwürdigen, ablehne, liegt es durchaus im Bereich des Möglichen, dass ich kein leichter Arbeitnehmer bin, der sich anbiedert. Ich habe aber immer meine Verpflichtungen eingehalten und meist sogar darüber hinaus agiert und dann auf meine Rechte gepocht.

 

In dem Betrieb, in dem ich gerade drei Monate war, wurde ich – ob gewollt oder nicht – ständig hinterfragt, obwohl ich in dem Bereich bereits Jahrzehnte tätig gewesen war. Die Einarbeitung war eine Frechheit gewesen, also eigentlich nicht vorhanden und ich wurde mit allem allein gelassen. Als ich mich dann noch destruktiver Kritik ausgesetzt sah, und das täglich, und auch freundliche Nachfragen ignoriert wurden (mit der allgemein herrschenden Arbeitsüberlastung), habe ich die Reißleine gezogen und meine Kündigung eingereicht. Da wir in dem Arbeitsbereich nur zu zweit waren und jeweils die Schreiben des anderen mit unterzeichnen mussten, habe ich nicht erkennen können, dass ein Gespräch Früchte getragen hätte.

 

Ein Paradebeispiel war:

 

Ich schrieb einen mehrseitigen wichtigen Brief an einen Insolvenzverwalter, um diesem darzulegen, dass die für den Betrieb zu erwartende Quote aufgrund der zu niedrig angesetzten Forderung zu gering sein würde. Ich arbeitete mich selbstständig in den Fall ein, kommunizierte mit den zuständigen Stellen und tätigte die Berechnungen. Mein „Kollege“ musste diesen Brief sozusagen autorisieren, las in Ruhe und sagte dann „ich glaube, Sie wissen zu viel und sagen zu wenig“.

 

Dieser Satz war in meinen Augen keine Aussage. Ich erläuterte ihm den Fall und erklärte auch, dass ich dem Insolvenzverwalter den Fall nicht erklären musste, da er ja vollständig involviert ist, also müsse der Brief auch nicht noch länger sein. Er blieb dabei und ich saß vor dem Brief und überlegte, wie ich ihn abändern könne, ohne dass der Insolvenzverwalter denken würde, ich hielte ihn für dämlich.

 

Erschwerend kam hinzu, dass ich vorher die Akte studiert hatte, Beträge und Forderungen zusammentrug und eine erhebliche Summe fand, die noch ausstand, aber nicht zum Insolvenzverfahren angemeldet worden war. Ich setzte mich also mit den Vorgesetzten in Verbindung und fragte ab, ob ich die Forderung nachmelden sollte (was mit Kosten verbunden ist). Sie waren einverstanden und ich legte los. Leider kam dann ein Mitarbeiter einer anderen Abteilung auf mich zu und erwähnte eher beiläufig, dass er auch noch Schriftverkehr aus der Akte hatte, die nicht an die Rechtsabteilung weitergeleitet worden war. Somit war ich überhaupt nicht auf dem neuesten Stand. Das Sichten der weiteren Unterlagen führte dazu, dass ich im Unrecht war und die Forderung weitaus geringer. Dennoch konnte man etwas verbessern, was mich zu dem Brief an den Insolvenzverwalter bewog.

 

Hier kam von meinem Kollegen schon die „Schelte“: „Jetzt haben Sie aber viele Leute heiß gemacht und keiner gewinnt etwas. Recherchieren Sie nächstes Mal lieber besser.“. Mein Argument, dass ich davon ausging, dass die Akten der Rechtsabteilung – wenn man schon eine Zentrale hat – vollständig sind, überging er.

 

Dieses Arbeitsverhältnis stand nicht unter einem guten Stern. Es kamen noch weitere Aspekte hinzu, weswegen ich keinen Sinn darin sah, mit meinem Kollegen ein Gespräch zu suchen. Auch wurde er auf Käffchen hier und Käffchen da eingeladen und ich nicht. Er war halt einfach verschwunden. Blöd, dass ich Zugriff auf seine Emails hatte und die kontrollieren sollte. Es war unangenehm so außen vor gelassen zu werden, auch wenn das vielleicht erst einmal normal ist.

 

Auch wenn manchmal nur kurze Tätigkeitsphasen zur Beobachtung dienen, kenne ich viele Floskeln, die Mobbingverhalten von Kollegen herunterspielen sollen. So z. B. „die ist immer so, wenn ich weg bin und wenn die nen Einlauf gekriegt hat, läuft es wieder“. Oder ich war stellenweise von dem Umfang der Aufgaben als Neuling überfordert, was zwar anerkannt wurde, aber dennoch die Unterstützung eine Zeit lang völlig fehlte und ich den Launen der Kollegen somit ausgesetzt war.

 

Sich täglich und ständig für irgendetwas entschuldigen oder rechtfertigen zu müssen, geht sehr an die Substanz.

 

Äußerst wichtig ist, dass man an der eigenen Konfliktkompetenz arbeitet. Also nicht die Vogel-Strauß-Taktik begeht, sondern – nach Wahrnehmung, dass irgendetwas falsch läuft – gezielt forscht, was hier gerade passiert. Im Übrigen hilft nachfragen beim Mobber meistens nicht. Er redet sich gezielt heraus (aka „bildest Du Dir nur ein“). Ohne eigenes Zutun wird man aus Mobbing aber nicht gerettet. Wenn man dann noch Rückhalt hat bei Kollegen, ist man schon gut gewappnet.

 

Ein Mobber ist ein Täter, der Mobbing-Betroffene das Opfer. Dementsprechend können wir folgendes aus der Selbstverteidigung entlehnen: Ein Täter will nie Opfer werden. Er will nicht erkannt werden. Und leider passiert in Mobbingfällen genau das. Einem Täter tatsächlich Mobbing nicht nur vorzuwerfen, sondern dass dies auch von Vorgesetzten so gesehen wird, passiert äußerst selten. Meist kommt er zumindest mit einem blauen Auge davon.

 

Wie sich Mobbing auswirkt, wissen vermutlich die meisten: der Körper zeigt Stresssymptome. Denn nichts anderes ist Mobbing.

 

Aber warum passiert Mobbing? Gleich vorweg nochmal: ihr seid nicht direkt Schuld. Eine große Ursache für Mobbing am Arbeitsplatz ist tatsächlich die Angst des Mobbers, sein Ansehen, oder gar seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Er will Schwächen ausgleichen, indem er sozusagen seine Schwächen auf den Betroffenen abwälzt bzw. von sich ablenkt. Oder ganz banal gesagt, er hat selbst Angst gemobbt zu werden und zieht das aus Schutzgründen einfach als erster durch. Wir alle sind heute weitaus größerem Druck in der Arbeitswelt ausgesetzt, als noch vor 10 oder 20 Jahren. In dem Sinne ist das Konkurrenzverhalten hoch und das Aussortieren von angeblich weniger effizienten Mitarbeitern wird „zum Sport“. Es gibt aber keine allgemein gültigen Vorgehensweisen oder Aspekte.

 

Als Hauptursache verstehe ich zwei Punkte, dass jemand gemobbt wird bzw. Mobbing entsteht:

 

-          der Mobber fühlt sich vom Betroffenen „bedroht“ oder beeinträchtigt

-          er sieht nicht den echten Konflikt (Überlastung am Arbeitsplatz, Androhung von Kündigungen, etc.), sondern nur, dass der Betroffene das Problem ist

 

Wenn man sich von einer neu eingestellten Person „unter den Scheffel gestellt“ fühlt, dann schleichen sich möglicherweise negative Gedanken ein. Vielleicht bekommt man Angst ersetzt zu werden. Und schon stellt man sich dem Neuen gegenüber als unüberbrückbare Hürde da. Als Eiger Nordwand, an der er nur abstürzen kann.

 

Ich selbst weiß, wie schwierig es ist, sich immer wieder in der Arbeitswelt zu behaupten. Immer wieder zeigen und beweisen zu müssen, dass man das, was man tut und schon Jahre kann, wirklich kann und ein effizientes Mitglied des Teams bzw. des Betriebes ist. Dieser Beweis sollte eigentlich nicht nötig sein. Da wir uns aber in einer absoluten Leistungsgesellschaft befinden, gucken viele Chefs nicht wirklich darauf, wie unter ihnen gekämpft, getreten, gespuckt und um sich geschlagen wird. Hauptsache der Rubel rollt.

 

Was können wir also tun, um Mobbing zu verhindern? Leider nichts. Wenn ihr im Fokus einer definitiv mental schwächeren Person seid, dann seid ihr da. Dass muss euch klar werden. Und eben auch, dass nur ihr euch da heraus helfen könnt und es nicht von alleine aufhören wird.

 

Was können wir also tun, um Mobbing zu unterbinden, sobald wir es als solches erkannt haben? Einiges.

Allerdings gibt es keine 08/15-für-jedermann-gültige-Vorgehensweise. Dies liegt daran, dass jeder Mobbing-Fall, genauso wie jeder Mensch, völlig individuell ist. Kein Fall gleicht dem anderen, bei keinem wird identisch vorgegangen. Das macht die ganze Sache zwar schwieriger, aber nicht unlösbar.

 

Natürlich könnt ihr einfach kündigen und daran glauben, dass es im nächsten Job besser werden wird. Vielleicht wird es das. Vielleicht sitzt da aber schon der Nächste und ihr fangt von vorne an. Ich bin kein Freund von „muss man durchhalten“. Mich interessieren aber immer die Gründe, die dazu geführt haben. Denn, wenn ich ggf. doch einen kleinen Anteil daran habe, möchte ich mich verbessern können.

 

Was nicht hilft:

 

-          Sich ein „dickes Fell“ zulegen.

-          Sich vollständig anpassen und alles tun, um den Mobber nicht zu verärgern.

-          Weglaufen (Kündigung, Krankheit)

 

Was kann man nun konkret tun:

 

1.       Nicht passiv in der Opferrolle verharren und hoffen, dass es von alleine aufhört.

2.       Nicht in das Zimmer des Chefs / der Chefin stürzen und sagen, dass man gemobbt wird, diese aber zu gegebener Zeit definitiv um ein Gespräch bitten.

3.       Es ist eine Herausforderung, deren Lösung Deine oberste Aufgabe sein sollte.

4.       Hilfe suchen, aber das Thema nicht zum Lebensthema machen und damit Freunde und Familie durchgängig „nerven“ (sie klinken sich dann nämlich schnell aus). Dennoch wird ein soziales Netzwerk absolut gebraucht und sollte Lebensfreude erhalten werden (Hobbys!).

5.       Das Geschehen dokumentieren und Briefe/Emails etc. aufheben und ein Mobbingtagebuch führen.

6.       Nicht auf Einsicht des Mobbers hoffen.

7.       Betriebliche und rechtliche Schritte erwägen.

8.       Konfrontation.

 

Wenn Deine erste Strategie war, dem Mobber aus dem Weg zu gehen, kann es förderlich sein, ihn nun direkt zu begegnen. Was Du erreichen willst, ist Deine Handlungsfähigkeit, Deine Stärken und Kompetenzen zurück zu erlangen. Du bist schließlich wer, auch wenn der Mobber Dir etwas anderes eintrichtern will.

 

Ideal sind meistens (ich schreibe deshalb meistens, weil es auch Menschen sind, die auch Fehler machen) Personen oder Personengruppen, die auf Mobbing spezialisiert sind. Also Helferlein im Betrieb (Betriebsrat?) oder unterstützende Organisationen außerhalb. Sie können die Handlungen ggf. deuten und eine Vorgehensweise mit dem vermeintlichen Opfer zusammen ausarbeiten.

 

Freunde und Bekannte, aber auch Arbeitskollegen, neigen dazu, Ratschläge zu erteilen. Manche Ratschläge gehen völlig am Thema vorbei („ignorier den doch einfach!“) und lassen uns an uns selbst zweifeln. Das heißt aber nicht, dass jeder Ratschlag ungünstig ist. Nimm die Ratschläge an und suche Dir das heraus, was Dir am meisten helfen könnte.

 

Nur Du selbst kannst die Situation analysieren (Mobbing-Tagebuch!) und daran ggf. erkennen, welchen Weg Du einschlagen solltest: Flucht, starrsinnig abwarten, Kampf? Kein schriftlicher Ratgeber sollte Dir aufzeigen, was Du tun musst. Auch ein menschlicher Ratgeber wird eher dazu tendieren, zu sagen, was Du tun könntest. Denn direkte Vorgaben passen nicht zum individuellen Fall, nehmen Dich aus Deiner Verantwortung für Dich selbst (macht Dich ggf. schwächer) und können vollständig nach hinten losgehen. Allzu oft wurde mir erzählt, dass der Gemobbte plötzlich für den Mobber gehalten wurde, nur weil das vermeintliche Opfer sich plötzlich wehrte. Das kann im Übrigen schnell passieren und sollte Dich nicht zusätzlich aus der Bahn werfen. Mobber wissen oft zu genau, wie sie sich in Szene setzen müssen. Deswegen verweise ich an dieser Stelle nochmals auf das Mobbing-Tagebuch.

 

Das, was Du erreichen willst, ist Zurückgewinnen der Macht. Deiner Macht. Ja, auch, wenn Du gefühlt keine Kraft mehr hast.

 

Der erste Schritt, wenn man sich gemobbt fühlt, ist eigentlich sich damit selbst auseinander zu setzen. Sich hinzusetzen und über das, was passiert nachzudenken. Das Warum ist erstmal zweitranging. Ich tendiere immer dazu die Dinge aufzuschreiben. Daran kann man sehr leicht erkennen, was vor sich geht und ob es wirklich Mobbing ist. Um eine echte Analyse kommt man aber nicht herum. Auch kann man bei einer Analyse feststellen, um was für ein Kräfteverhältnis es sich im Betrieb handelt. Welchen Stand hat der Mobber, welchen hast Du?

 

In manchen Fällen hat es tatsächlich funktioniert, wenn der Betroffene sich selbst herauskämpfen konnte. Dies kann durchaus gelingen. Man benötigt hier aber die definitive Konfrontation mit dem Mobber und darf sich dann nicht einschüchtern lassen.

Wenn man aber z. B. in einem Meeting mit mehreren sich von einer Aussage des Mobbers dazu hinreißen lässt, völlig aus der Haut zu fahren, dann kann das leider in die Karten des Mobbers spielen.

 

Das heißt ganz einfach, man muss sich gegen den Mobber wehren. Seine Attacken nicht stillschweigend hinnehmen, sondern durchaus kommentieren. Wenn der Mobber ständig und alles kritisiert, kann man ruhig deutlich sachlich darauf eingehen und weitere Maßnahmen (Chef?) erwägen und erwähnen.

 

Manchmal kann mit dem Mobber zu reden helfen. Aber leider sehr selten. Denn er will ja zerstören. Auch, wenn ihm vielleicht nicht bewusst ist, wie viel seelischen Schaden er tatsächlich anrichtet. Versuchen kann man es aber trotzdem. Am besten sind Leute zugegen, die das dann auch mitbekommen. Solltest Du dann mit Geschehnissen konfrontiert werden, die Du erstmal nicht einsortieren kannst und worunter Deine Schlagfertigkeit leiden wird, kannst Du das auch erstmal so stehen lassen und am nächsten Tag mit gesammelten Fakten das Gespräch erneut suchen. Dabei kannst Du ruhig zugeben, dass der Mobber Dich gestern mit Thesen überraschte, Du aber eine ganz andere beweisbare (Mobbing-Tagebuch!!!) Sachlage hast.

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass ihr nicht alleine seid, das alles nicht alleine durchstehen müsst und handlungsfähig seid, auch wenn es sich nicht so anfühlt.

 

Ich lege euch abschließend noch ein Buch hierüber ans Herz, das ich aufgrund seiner umfassenden Informationen geradezu verschlungen habe:

 

Mobbing und psychische Gewalt – Der Ratgeber für Betroffene und Ihre Interessenvertretung / von Axel Esser und Martin Wolmerath

 

Dieses Buch ist die Quelle für viele Punkte in diesem Artikel, außer natürlich der persönlichen Erfahrungen. Dieses Buch ist so umfassend gestaltet, dass ich nicht auf alles eingegangen bin. Rechtliche Schritte, auch arbeitsrechtliche Schritte, sind ebenfalls enthalten.

 

 

Wenn ihr von Mobbing betroffen seid, oder wart und ein weiteres Mal verhindern wollt, holt euch dieses Buch und zusätzlich professionelle Hilfe. Seid euch bewusst, dass es schwer werden wird und auch hinterher schwierig sein wird. Denn Gerechtigkeit oder gar Genugtuung werden selten erfüllt.