"Untenrum frei" - Margarete Stokowski

Wie ein Buch über Feminismus auch zur Selbstverteidigung gehört.

 

Seit einigen Jahren arbeite ich daran Frauen zu stärken. Ich habe dabei nie das Wort „Feminismus“ in den Mund genommen.


Mir ging es hauptsächlich darum, ihr stellenweise mangelndes Selbstbewusstsein, dass nicht nur von ihnen selbst (auch aus erzieherischen Gründen in der Kindheit) schändlich untergraben, sondern von außen mit Füßen getreten wurde, als wären Frauen nicht in der Lage für sich einzustehen, zu stärken. Sie sollten sich langsam aber sicher wiederfinden, um auch in einer feindlichen Umgebung besser bestehen zu können.


Für mich war und ist es selbstverständlich, dass Gewalt an Frauen auch da herrührt, dass Frauen von klein auf – auch unterschwellig – beigebracht wird, dass es sich für ein Mädchen nicht ziemt, sich zu wehren, dass sie immer lieb und brav und sauber zu sein hat und dabei auch noch lächeln soll. Egal, ob man ihr gerade verbal abgesprochen hat, irgendetwas anderes neben der Tätigkeit in der Küche verrichten zu können, oder ihr körperliche Schmerzen „Du willst es doch auch“ zufügt.

 

Für mich ist und war manchmal das Wort „Feminismus“ fast ein Schimpfwort. Hat man doch damit nur die Damen in Verbindung gebracht, die sich laut schreiend über „toxische Männer“ (ich hasse diesen Begriff) mokieren, oder gar „all men are trash“ skandieren. Dass sie dabei ihre Brüste entblößen, war mir ziemlich egal, denn das muss sie ja wissen. Aber diese Wortwahl hat mich immer sehr abgeschreckt, denn wir alle leben auf der Erde und sollten uns ergänzen.

 

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es nicht hilft, Aggression mit Aggression, bzw. Hass mit Hass zu bekämpfen, wenn man eine grundlegende Änderung herbeiführen will. Zumindest was die Gleichberechtigung von Mann und Frau betrifft. Natürlich ist es meine erste Intention Gewalt mit Gewalt zu bekämpfen, wenn ich von jemandem körperlich angegriffen werde. In manchen Situationen kann man vielleicht noch deeskalierend auf den vermeintlichen Täter einwirken, in den meisten aber nicht. Wer mich kennt, weiß, dass ich hier meistens sage, dass „die andere Wange hinhalten“ mehr als veraltet ist und schon damals zum verfrühten Ableben führte. Kein Mensch hat es verdient, geschlagen zu werden. Kein Kind, keine Frau, kein Mann. Dementsprechend unterwürfig und ggf. geläutert die andere Wange für einen weiteren Schlag hinzuhalten, ist weder zeitgemäß noch logisch zu erklären.

 

Auf diesem Weg bin ich immer wieder Frauen begegnet, denen nicht nur die körperliche Variante meines Tuns (Selbstverteidigungstechniken) halfen, sondern auch meine Worte. Die Verdeutlichung dessen, warum wir das tun. Dass nicht nur der aus dem Busch springende Fremde unserer Aufmerksamkeit bedarf, sondern auch der Bekannte, der plötzlich seine Hand auf unser Knie legt und wir verdutzt zusehen, wie diese Hand nach oben wandert.

 

Solche Geschichten führten dazu, dass ich den Frauen – übrigens auch meiner Tochter – immer wieder sehr deutlich machte, dass, wenn sie etwas nicht will, sie das auch selbstverständlich deutlich aussprechen darf und sogar muss. Leider wird Schweigen nämlich gerne als stille Zustimmung gewertet. Natürlich kann es dann passieren, dass der „Verehrer“ sich dann mehr oder minder leise gekränkt zurück zieht. So what. Wir Frauen haben nicht die Aufgabe es jeder Person um uns herum schön zu machen und selbst dabei auf der Strecke zu bleiben. Wir müssen nicht jedermanns Liebling sein. Wir sollten es vorrangig einer Person Recht machen: uns selbst.

 

Auch kann es passieren, dass der „Verehrer“ in dieser Situation übergriffig wird, also mit steigender Kraft bzw. Gewalt sich sein angebliches Recht, über eine Frau zu verfügen, wann er es will, holt. Hier stelle ich dann gerne an die Frauen eine Frage, die jede für sich beantworten darf. Auch gerne für sich ganz allein in ihrem Kopf. Wie lange möchtest Du abwarten? Warum darf er sich nehmen, was er für richtig hält? Warum bekommt er Macht über Dich und Deinen Körper? Meistens ist es hiernach sehr still in der Runde. Das macht aber nichts. Denn nur in seltenen Fällen haben sich Frauen – auch wenn sie schon übergriffiges Verhalten erleiden und erdulden mussten – damit konkret beschäftigt. Das heißt, nur selten haben sie bereits vorher ihre Grenzen abgesteckt.

 

Für mich heißt das, dass hier noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten ist. Dass ich wachrütteln möchte. Dass ich den Frauen zeigen möchte, dass sie ein Recht haben, nein zu sagen, ihre Position zu behaupten und allgemein das zu tun, worauf sie Lust haben. Wenn mich das zu einer Feministin macht, sehr gerne.

 

Hier komme ich aber wieder zu dem Punkt, dass es nicht hilft, alles Männliche als schlecht zu betrachten. Ich will auch gar nicht, dass Männer plötzlich schlechter gestellt werden. Allerdings scheint es so, dass eine Gleichberechtigung nur stattfinden kann, wenn alle umdenken und es auch Verbote bzw. Gebote gibt. Man denke nur einmal daran, dass eine Frau im Jahr 1970 zwar ein Bankkonto allein eröffnen konnte, aber bis 1977 noch die Erlaubnis ihres Ehemannes brauchte, wenn sie auch arbeiten gehen wollte. Dass wir Frauen wählen dürfen, ist erst 100 Jahre alt. Dementsprechend muss es Frauen (und auch Männer) geben, die sich für diese gleichen Rechte einsetzen. Warum soll das also etwas Schlechtes sein?

 

Um mich selbst zu informieren, lese ich viele Bücher, denn das Internet hat so seine Tücken. Vieles ist sehr meinungsbehaftet, bei manchem kann man nicht annähernd erkennen, ob es nun wahr ist, oder nicht. Gut, ein Buch zeigt, wenn es sich nicht gerade um ein reines Sachbuch handelt, auch die Meinung des Autors. Dennoch ist für mich diese Oldschool-Variante einfach schöner.

 

Vor einiger Zeit stolperte ich über den Namen Margarete Stokowski. Ich hatte diesen Namen schon einmal gehört, wusste aber nicht mehr, in welchem Zusammenhang. Ich wusste dementsprechend auch nicht, wer sie ist, was sie tut und warum überhaupt. Ich las den Titel „Untenrum frei“ und die Rückseite: Es ging um Gleichberechtigung, Feminismus und Sex. Interessante Mischung. Und schon lag das Buch auf meinem Tisch.

 

Gleich vorweg: Normalerweise markiere ich mir keine Sätze in Büchern. Vielleicht mal eine Seite mit einem wieder abziehbaren Klebezettel. In diesem Buch waren für mich manche Sätze aber so elementar, interessant, Augen öffnend, witzig und mit einem Aha-Erlebnis versehen, dass ich sie mit gelbem Textmarker hervorhob. Ich war gefesselt. Gefesselt von dem Schreibstil, der Lockerheit, der ungeschönten Ehrlichkeit. Von einem anderen Blickwinkel und unendlichen Informationen per Fachworten, die ich zwar schon einmal aufgeschnappt hatte, aber mit denen ich mich nie eingehender beschäftigt hatte. Ich mag keine Bezeichnungen. Margarete nennt das „Label“ und sie hat Recht.

 

Margarete schreibt auf unwahrscheinlich lockerer Art und Weise wie wir auch ohne strikte Erziehung in den Gendermodellen gefangen sein können und das von Kindheit an. Wie von uns Frauen immer etwas erwartet wird. Dass sich die Erwartungshaltung aber fast ausschließlich auf unser Aussehen reduziert. Womit sie Recht hat, wenn man sich die von ihr beschriebenen Frauenzeitschriften wirklich mal genau anschaut. Worum geht es denn hauptsächlich? Wie eine Frau noch ein paar Kilo vorm Urlaub verliert, wie sie Orangenhaut und Falten minimiert, wie sie einen Mann verführen kann, wie sie attraktiv wirkt, was sie essen sollte und was nicht. Celebrities werden auf der einen Seite für einen angeblich zu dünnen Körper angefeindet und auf der anderen Seite, dass sich ein leichtes Röllchen auf der Hüfte entwickelt hat. An uns  ist dementsprechend immer alles falsch. Wer bestimmt eigentlich, was richtig ist?

 

Margarete schreibt auch darüber, dass uns Frauen schon früh beigebracht wird, dass Jungs uns wehtun, weil sie uns mögen. Wie habe ich dieses Argument gehasst. Und wie sehr ärgere ich mich darüber, dass ich nicht laut eingeschritten bin, als mir eine Mutter eines Sohnes, der zugleich Klassenkamerad meiner Tochter war und selbige immer kniff, schubste und ärgerte, genau dieses Argument an den Kopf warf. Auch wenn mich vielleicht Jungs-Mamas nun nicht mehr mögen: Es ist eure Erziehung, die manches Miteinander zum Spießrutenlauf macht.

In der Jugend wird man fast geprägt auf Aussagen wie „zwirbel ein wenig an deinen Haaren und schaue von unten zu ihm auf, dann wird er sich sofort in dich verlieben, weil du so schützenswert bist“. Ich möchte brechen. Auf diesen Artikel. Auf diese Zeitschrift. Eine Frau ist also nur schützenswert, wenn sie sich als klein, süß, verletzlich darstellt, respektive ist ein Mann nur ein Mann, wenn er eine Frau schützen kann.


Exkursion: Es ist eine Tatsache, dass bei übergriffigen Situationen auf der Straße der Mann zuerst die Flucht ergreift und „seine“ Frau dort stehen lässt. Ich habe schon sogenannte Scare-Prank-Videos (also Videos, die mit gestellten Situationen Fremde erschrecken sollen, mehr oder minder, um sie vorzuführen und dass der Rest der Welt darüber lachen kann… haha… oder so – sich auf Kosten anderer lustig zu machen, war noch nie wirklich mein Ding, aber ich schweife ab) gesehen, in denen irgendeine unwirklich verkleidete Person um die Ecke schnellt, um das vorbei gehende Pärchen zu erschrecken und der männliche Part seine Freundin vor sich gerissen hat. Frau als Schutzschild.

 

Mein großes Anliegen ist es, das wir aus diesen alten Rollenbildern heraus treten. Klar, Frauen bekommen die Kinder. Aber warum danken wir unserem Mann immer noch, wenn er im Haushalt etwas getan hat? Nur, weil wir ihn vorher darum bitten mussten? Das kann nicht Sinn und Zweck einer gleichberechtigten Partnerschaft sein.

 

Wie Margarete so treffend beschreibt, bleibt diese Art uns Frauen einen Stempel aufzudrücken aber nicht in der Teenagerzeit stecken. Sie geht tatsächlich weiter und würde – glaube ich, wenn Alterserscheinungen nicht als unsexy gelten würden – auch noch bis ins hohe Alter reichen. Dementsprechend werden uns Frauen Tipps gegeben, beim Sex auch Dinge zu tun, die wir nicht mögen, nur damit dem Mann sein Glück erfüllt wird. Echt jetzt? Ja, musste ich leider auch erst lernen. Mittlerweile bin ich auf dem Stand, dass er sich gepflegt selbst befriedigen kann, bevor ich etwas tue, was ich nicht will. Ganz einfach. Wenn er dann maulend meine Wohnung auf Nimmerwiedersehen verlässt, auch in Ordnung. Jemand, der seine Belange über meine stellt und mich erpresserisch (kennt ihr noch aus dem Kindergarten „dann bist Du nicht mehr meine Freundin/mein Freund“?) zu Handlungen zwingt, nur weil er sie geil findet, hat in meinem Leben nichts verloren.

 

Manche Tipps gehen sogar so weit, dass wir Frauen lasziv an einem Glas lecken sollen, ich kann es nicht besser umschreiben, um die Aufmerksamkeit des männlichen Protagonisten auf sich zu ziehen. Zitat Margarete: „Das ist ein Frauenbild direkt aus der Hölle und auch ein ziemlich beschränktes Männerbild.“ Dem stimme ich zu. Komplett. Damit reduziert man den Mann nämlich ebenfalls darauf rein sexuell zu denken und zu nichts anderem fähig zu sein. Schade.

 

In der heutigen Zeit hat sich der Sexualkundeunterricht an Schulen verändert. Aber nur leicht. Zumindest wissen sie, dass eine Klitoris nicht nur die Größe einer Erbse hat. Von außen vielleicht, aber das Organ an sich ist nicht gerade eine Miniatur. Unter diesem Aspekt bringt man den Kids bei, welche Sexformen es gibt (meine Tochter erklärte mir im Alter von 11 Jahren trocken, dass sie in der letzten Stunde Oralsex hatten – was beinahe zu einer Vollbremsung meinerseits geführt hatte – zum Glück erfuhr ich, dass es sich nur um theoretische Aspekte handelte), welche Krankheiten, das man schwanger werden kann. Die elementaren Dinge eben. Sie lernen aber nicht, wie man „nein“ sagt und wie man sich aus solchen Situationen befreit.

 

Margarete schreibt in ihrem Buch auch über die Erfahrungen, die sie selbst erleben musste und die mich ziemlich wütend auf die betreffenden Männer zurück ließen. Eine 17-jährige unter einem Vorwand im Auto in den Wald mitzunehmen, um ungefragt und unerlaubten Sex mit ihr zu haben. Ich habe nicht hinterfragt, warum Margarete sich nicht gewehrt hat. Warum sie nicht um Hilfe gerufen hat. Sie hat diese Situation so genau beschrieben, dass ich wusste, so fühlen sich fast alle Frauen. Hilflos, unsicher, überwältigt. Nicht zu wissen, was ist richtig, was ist falsch. Man ist gelähmt. Wie sie auch beschreibt, wäre es wichtig, in diesen Unterricht einzubeziehen, wann es sich um einen Übergriff handelt, wie man seine Grenzen wahrnimmt, wie man sie durchsetzt und wie man sich Hilfe sucht. Und vor allem: Dass man sich sowas nicht gefallen lassen muss. Sei es der liebe Nachbar, der nette Onkel, der pickelige neue Freund, oder der nebenan wohnende Adonis. Könnt ihr für euch bzw. auch im Allgemeinen festhalten, wann es nicht mehr Sex ist, sondern sexualisierte Gewalt?

 

Im Verlauf des Buches schreibt Margarete auch über einen weiteren Vorfall, nach dem sie sich tatsächlich mit Messer und Pfefferspray bewaffnet, sich aber damit absolut nicht wohl fühlt. Sie möchte ein sichereres Gefühl, das sich damit nicht einstellt. Sie möchte in Ruhe – egal zu welcher Uhrzeit – nach Hause bzw. durch die Stadt gehen können und tut nach diesem Vorfall das, was viele Frauen tun: sie schwächt ab. Es war ja nicht so schlimm, es war ja nichts passiert. Sie ging normal zur Uni und arbeiten.

 

An diesem Punkt beginnt auch meine Arbeit in meinen Kursen: Es IST schlimm! Es IST was passiert! Es hat was mit ihr gemacht. Es hat ihr Angst gemacht. Ihr Leben wurde nun für weitere Zeit eingeschränkt. Vielleicht sogar für immer. Ja, sie wurde nicht vergewaltigt. Aber sie wurde hart angefasst und begrabscht. KEIN Mensch hat das Recht einen anderen ungefragt anzufassen. Wir lernen in unserem Leben sehr viel, aber nicht unbedingt, wie wir uns im Falle von Belästigung oder sexualisierter Gewalt zu verhalten haben.

 

Margarete schreibt in ihrem Buch so angenehm über die Themen, über die sonst gerne gelächelt wird. Wie Feminismus gesehen werden sollte. Wo der Unterschied zwischen „gender“ und „sex“ ist. Dass Feminismus gerne dazu gesehen wird, Männer abzusetzen und durch starke Frauen zu ersetzen. Margarete schreibt: „Aber feministische Weltherrschaft ist keine Option. Erstens, weil Weltherrschaft generell keine Option ist, und zweitens, weil es um die Abschaffung von Herrschaft geht und nicht um ihre Umkehr.“ Den Satz muss man wirken lassen.

 

Sie geht auch – wie ich in meinen Kursen – darauf ein, dass man sich vor Situationen zurechtlegen sollte, wie man mit ihnen umgehen möchte, also dass man sich vorher eine Haltung dazu aufbaut. Wenn nichts passiert, braucht man keine Haltung zu etwas. Diese aber in der jeweiligen Situation zu entwickeln, kann durchaus zu spät sein. Wie ich immer sage: Du solltest vorher wissen, wie weit du gehen willst. Du kannst dich nur verteidigen, oder es lassen.

 

Betrachten wir Frauen in „Machtpositionen“: Was wird als erstes bewertet? Ihr Aussehen, ihre Kleiderwahl, ihre Haltung. Ein Mann in gleicher Position kann egal wie herumlaufen, es wird einfach nicht gesehen. Der weibliche Körper wird ja auch gerne zu jedweder Werbung benutzt. Sei es nun das laszive Stehen neben einem Fahrzeug, oder die frisch geernteten Erdbeeren. Erst, wenn wir erkennen, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun hat, werden wir der Gleichberechtigung näher kommen.

 

Wenn wir bei Werbung bleiben: Scheidenpilz, Falten, Menstruation, Gleitgel, erotisches Spielzeug, Cellulite, graue Haare, Inkontinenz, Schweiß, Körperbehaarung – wir Frauen werden fast immer so dargestellt, als liefen wir aus, oder eben nicht, als bräuchten wir immer Unterstützung und dürften nie im Reinen mit unserem Körper sein. Die dagegen mit Männern belegte Werbung wird immer als kraftvoll empfunden. Ja, er schmiert sich morgens ein kühlendes Gel in die Fresse, weil er Augenringe hat. Aber er hat keine Augenringe, er hat nur müde Haut.

 

Wieso gibt es Attribute wie „weiblicher Führungsstil“, „Powerfrau“ und „Karrierefrau“. Es gibt keinen männlichen Gegenpart. Ich lass das einfach mal so stehen.

 

In der Schule werden seit Beginn an männliche Autoren rezitiert. Es fällt nie ein Wort über Frauen, die ebenfalls etwas in Bewegung gebracht haben. Die etwas erfunden, oder erreicht haben. Mittlerweile bin ich froh, dass ganze Buchreihen diese Frauen – gerade auch aus anderen Epochen – nun beleuchten und aufgreifen. Endlich Lektüre, die wir wirklich unseren Töchtern vorlesen sollten. Und nicht ständig und immer die Geschichten gleichen Inhalts: Mann rettet Frau. Sie kann es ja nicht selbst. Sie bringt sich auch fast selbst immer in Schwierigkeiten, dann muss der Mann ja eingreifen (das ist sogar bei „Mulan“ so, die ehrenhaft in den Krieg zieht, statt ihres Vaters, die aber dann zwischendrin vom Kommandanten gerettet werden muss – zudem hat der [männliche] Drache mehr Text als Mulan).

 

Ein verdammt wichtiger Satz von Margarete (ich würde ja am liebsten fast das ganze Buch zitieren, aber ihr solltet es wirklich selbst lesen) war auch zu der vorherrschenden Meinung, dass Frauen gemacht sind für Care-Arbeit. Weil sie ja gar nicht anders können, als sich um andere zu kümmern. Es liegt in den Genen. Wer hat das geprüft? Margarete schreibt dazu: „Doch solange wir denken, dass Frauen von Natur aus dazu neigen, sich um andere zu kümmern, werden sie weniger Geld dafür kriegen, denn fürs Atmen wird man auch nicht bezahlt.“ Das sitzt.

 

Wenn man bedenkt, dass jede dritte erwachsene Frau in Europa körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt bzw. in Deutschland jede vierte erwachsene Frau Gewalt durch ihren Partner oder ExPartner erduldet, sind wir noch weit entfernt von einem sicheren gemeinsamen Leben.

Feminismus ist – wie ich eingangs schon erwähnte – nicht (unbedingt) lautes Grölen gegen Männer. Feminismus ist, dass man nicht überlegen muss, ob man so, wie man aussieht, vor die Tür gehen kann.

 

Margarete schreibt in diesem Buch so viele treffende Sachen, die sich nicht nur um das allgemeine Zusammenleben drehen, sondern auch um Dinge, die man sich nicht fragen traut. Über Dinge, die bereits viele Frauen erlebten. Wie schwierig es ist, gegen Ungerechtigkeiten zu kämpfen und wie man dann von der Außenwelt gesehen wird.

 

Für mich ist dieses Buch für meine Arbeit als Selbstverteidigungstrainerin sehr wichtig, weil ich den Frauen damit argumentativ gut aufzeigen kann, dass sie für sich einstehen können und dürfen, dass man sie auch wertschätzt, wenn sie nein sagen. Dass sie ein Mensch sind und nicht nur ein Objekt mit Geschlecht. Dass sie sich nehmen können, was sie möchten, sei es Karriere, Sex, ein freies Leben mit oder ohne Mann oder männlichem Harem. Denn es geht niemandem etwas an, wie ich leben möchte. Aber ich möchte das, was Männer dürfen: Frei und unbestimmt handeln.

 

 

Abschließend noch ein Zitat aus Margaretes Buch, dem ich auch voll zustimme: „Feministische Politik konzentriert sich zumeist auf Frauen, aber wir werden mit der Sache nicht fertig, wenn Männer nicht mitmachen, …