Pfefferspray & Co.

Da ich in meinen Kursen immer wieder zu Pfefferspray befragt werde und auf dem Markt sehr viele Arten dieser „Schutzmittel“ mehr oder minder legal zur Verfügung stehen, schreibe ich hier mein Wissen dazu nieder. In einem der ersten Blogartikel hatte ich Pfefferspray bzw. CS-Gas bereits kurz erwähnt, dies ist die Langversion.

 

 

Pfefferspray

 

Das gängige Pfefferspray, das mittlerweile in jedem Baumarkt an der Kasse hängt und für ca. 10 € sehr günstig zu erwerben ist, trägt einige Tücken.


Zum einen ist es ausdrücklich als Tierabwehrspray deklariert, womit die Benutzungserlaubnis bereits erklärt ist. Dieses Pfefferspray beinhaltet meistens den Wirkstoff Oleoresin Capsicum (Harzöl mit Chili) und wird heutzutage in den verschiedensten Formen angeboten. Meist handelt es sich hierbei um kleinere Spraydosen in unterschiedlichen Farben und unterschiedlicher Dicke, auch sind bereits Pistolen im Umlauf, die das Reizgas „abschießen“ sollen.

 

Da diese Reizgasspraydosen so exorbitant leicht erwerbbar sind und zudem angenehm mitzuführen, werden sie auch gerne zur Selbstverteidigung eingesetzt bzw. für ein adäquates Mittel zur Verteidigung gegen einen Angriff durch eine Person gehalten.

 

Aus einigen Kursen wisst ihr bereits, dass ihr euch in einer Notwehrlage mit allen Mitteln wehren dürft, auch ist der sogenannte Notwehrexzess (sich mit einem stärkeren Mittel wehren, als der Angreifer für seinen Angriff benutzt) möglich.

 

LEIDER NICHT BEI DER BENUTZUNG DIESER PFEFFERSPRAYS!

 

Bei der Benutzung von Reizgas bewegt man sich sowieso bereits schwer am Rande einer Körperverletzung, bei der Benutzung von klar deklariertem Tierabwehrspray, wird einem u. U. nicht nur der Straftatbestand der Körperverletzung zur Last gelegt, sondern auch noch, dass man willentlich und wissentlich ein nur zur Tierabwehr geeignetes Mittel mitgeführt hat, um es absichtlich gegen einen Menschen einzusetzen. Dass diese Person einen nun angreift, ist in diesem Fall leider so unerheblich, dass man sich höchstwahrscheinlich nicht mehr auf Notwehr berufen kann.

 

Solltet ihr argumentieren können, dass ihr ggf. große Angst vor Hunden habt (ärztliches Attest?), oder ihr mit eigenen Hunden in den Wäldern spazieren geht und von Angriffen durch Wildtiere bzw. andere Hunde ausgeht, habt ihr vielleicht den Hauch einer Chance, mit einem blauen Auge bei einer Verurteilung davon zu kommen. Bedenkt aber, dass euch bereits der Schock eines Angriffs, der möglichen Folgen hieraus und der möglich nervenaufreibenden Befragungen durch Polizisten etc. sowie eines bevorstehenden Gerichtsverfahrens in den Knochen steckt.

 

An dieser Stelle setzt auch die Prävention ein, sich nicht nur mit einem möglichen Angriff – egal auf welchem Terrain – zu befassen, sondern auch, ob diese Art der „Bewaffnung“ wirklich so lohnenswert ist, dass man auch mit den nachfolgenden Konsequenzen umgehen kann.

 

Gerne argumentiere ich, dass ich mich lieber mit allen Mitteln zur Wehr setze, als dass ich mich vergewaltigen lasse und dabei bleibe ich auch. Allerdings sollte man sich im legalen Rahmen bewegen und der Justiz somit nicht noch mehr Angriffsfläche bieten, die einen der eigenen Verurteilung näher bringt, oder ggf. die Verurteilung des Gegners abschwächt.

 

Schon aus diesen Gründen kann ich der „Bewaffnung“ mit Pfefferspray (Tierabwehrspray) zur Selbstverteidigung nicht befürworten respektive nicht unterstützen.

 

Auf die Aspekte der Vorbereitung, Positionierung, Prävention, Übung etc. gehe ich bei den weiteren Punkten näher ein.

 

 

CS-Gas / Tränengas

 

Hierbei handelt es sich ebenfalls um kleine Spraydosen, die den Tierabwehrsprays nicht unähnlich sind.

 

Ein großer Unterschied ist, dass dieses Reizgas erst ab dem Alter von 14 Jahren erworben werden darf. Auch dieses Reizgas darf in Deutschland (ACHTUNG: In anderen Ländern gelten ggf. andere Regeln, beachtet dies, falls ihr in eurem Auto/Camper etc. eine kleine Kartusche aufbewahrt!) legal mitgeführt werden. Ausnahme sind wie immer öffentliche Events, wie Konzerte etc.

 

Die kleine Spraydose muss ein BKA-Prüfkennzeichen haben. Hat sie dieses nicht, ist sie in Deutschland NICHT erlaubt. Ansonsten kann dieses CS-Gas oder Tränengas (das eigentlich kein Gas ist, sondern ein Aerosol) auch gegen Menschen eingesetzt werden. Es handelt sich hier um den gleichen Wirkstoff, den auch die Polizei einsetzt.

 

Dennoch wird zwar nicht der Einsatz des Gases schwierig, aber ggf. die nach dem Einsatz eintretende Situation. Das Gas kann schwere Hautreizungen, Augen- und Atemwegsreizungen verursachen. Hier möchte man anführen „soll es ja auch“. Aber… Ihr wisst in diesem Moment – nicht vergessen, ihr befindet euch in einer hochakuten Stresslage – nicht, ob euer Gegenüber nicht vielleicht allergisch auf das Gas reagiert.

Ihr befindet euch bei der Benutzung also möglicherweise wieder mit mindestens einem Fuß zu einer Verurteilung wegen Körperverletzung.

 

Des Weiteren gibt es bei der Art der Verbreitung des „Gases“ Unterschiede. Zum einem gibt es, wie beim Pfefferspray, den Sprühnebel, zum anderen den Sprühstrahl. Was verwendet man am besten wann? Das Problem hier ist, ihr braucht für jede Möglichkeit eine eigene Kartusche. Im akuten Angriff ist es fraglich, ob ihr binnen Sekunden die richtige Kartusche in den Händen haltet, oder – falls ihr euch hochpräventiv verhaltet – wenn ihr in jeder Hand eine andere Kartusche haltet, in welcher befindet sich nun welche Funktionsweise.

 

Allein bei diesen Punkten seht ihr, dass es nicht hilfreich sein kann, wenn man sich schnell verteidigen muss, noch darüber überlegen zu müssen. Diese Punkte kann man aber im Vorfeld kaum trainieren und schon gar nicht innerlich für sich selbst absichern. Das heißt, ihr müsst im Akutfall nochmals entscheiden, ob ihr das Spray – oder den Sprühstrahl – nehmt, oder nicht. Das kann u. U. fatal nach hinten losgehen, denn schlimmstenfalls steht ihr trotz aller Vorsichtsmaßnahmen wie ein geblendetes Reh da und bewegt euch nicht mehr.

 

Um die Frage eingangs zu beantworten: Den Sprühnebel benutzt man in Nahdistanzen, den Sprühstrahl für Entfernungen.

 

Hier stellen sich zwei Fragen. Zum einen: Will ich selbst im ausgelösten Sprühnebel stehen und kann ich mich in einer hektischen Situation soweit verteidigen und bewegen, um das Spray taktisch sinnvoll einzusetzen? Zum anderen: Wie weit geht denn der Sprühstrahl überhaupt? Hierfür gibt es wiederum unterschiedliche Kartuschen. Also hat man nochmals die Qual der Wahl.

 

Des Weiteren stellt sich die Frage, ob man in einer Stresssituation fähig ist, die Entfernung des Täters ausreichend abzuschätzen, der ggf. schnell bis sehr schnell auf einen zukommt. Schließlich muss man die Kartusche mindestens in der Jackentasche griffbereit haben, genügend Kraft aufbringen, um den Widerstand der Kappe zu überwinden, damit überhaupt etwas aus der Kartusche entweicht, zielen und durchdrücken. Und das alles in einer Situation, die das untrainierte bzw. gering trainierte Gehirn des Menschen für Ausnahmesituationen sowieso schon aufs äußerste strapaziert.

 

Dies sind alles Gedanken, die zur Prävention gehören. Man muss sich also im Vorfeld komplett und umfassend mit möglichen Situationen und Szenarien sowie Angeboten von Reizgasen, verschiedenen Wirkungsreichweiten und Funktionen, befassen.

 

Seid ihr hierüber erstmal bewandert und habt euch für ein Tränengas entschieden, solltet ihr euch auch damit beschäftigen, was nach dem Einsatz des Gases zu tun ist.

 

Auch wenn euch der Täter angegriffen hat, habt ihr ihm einen Schaden zugefügt. Diesen Schaden müsst ihr soweit möglich wieder ausgleichen. Ihr braucht ihn jetzt nicht ins Krankenhaus bringen, aber ihr MÜSST mindestens einen Notruf absetzen. Und sowieso in der Nähe für Zeugenaussagen etc. bleiben. Ggf. müsst ihr auch Erste Hilfe leisten, wenn der Täter aufgrund allergischer Reaktion zusammen bricht. Ansonsten handelt es sich um unterlassene Hilfeleistung und trotz aller vorheriger Geschehnisse seid ihr es, die in Regress genommen und ggf. scharf verurteilt werden. Adäquates Gegenmittel ist das Ausspülen mit Wasser und Klamottenwechsel.

 

Solltet ihr euch dazu entscheiden, eine Kartusche dabei zu haben und diese als Schlagwaffe zu benutzen, so ist dies durchaus möglich. Es gibt hier aber einfachere Gegenstände, auch Alltagsgegenstände (herkömmlicher Kugelschreiber!), die sinnvoller sind, als eine Tränengasspraydose.

 

Vergesst bitte in diesem ganzen Tohuwabohu nie, dass jegliche Bewaffnung auch gegen euch verwendet werden kann.

 

Auch kommt bei jeglicher Bewaffnung die psychische Komponente ins Spiel. Nicht nur das vorherige Abwägen, ob man überhaupt eine Bewaffnung möchte bzw. diese einsetzen wollen würde, sondern auch die Möglichkeit, dass man die Bewaffnung im Falle eines Falles NICHT einsetzt. Sei es aus Angst, Schockstarre oder Bewegungsunfähigkeit. Diese psychische Komponente wirkt sich stellenweise gravierender aus, als die Tatsache, überhaupt angegriffen worden zu sein. Denn man hatte sich ja bewaffnet, war aber unfähig sie einzusetzen. Man hinterfragt sich selbst und seine Fähigkeiten. Und dies macht die Heilung nach einem tätlichen Angriff, der sich erstmal im Kopf festsetzt, langwieriger.

 

Bewaffnet ihr euch, müsst ihr auch sicher gehen, dass ihr die Waffe wirklich einsetzen wollt. Alles andere ist Humbug.

 

Dies bringt uns zu dem Punkt, könnt ihr überhaupt mit einem Tränengas umgehen? Wisst ihr, wie sich der Sprühnebel verhält (Gegenwind!!!), oder wie weit der Sprühstrahl geht und wie man am besten und schnellsten zielen kann? Ihr habt nicht viel Zeit in einem Akutfall hierüber nachzudenken, möglicherweise habt ihr gar keine Zeit. Diese Abwehr muss dann aber sitzen. Genauso wie die technische Abwehr mit Händen und Füßen.

 

Daher ist es auch hier wichtig, dass man den Umgang erlernt. Vorzugsweise mit Fachleuten, in einer Umgebung, in der nichts passieren kann. Es gibt hierzu tatsächlich Übungssprays, die sich genauso verhalten, wie echtes CS-Gas. Zumindest was Form und Reichweite angehen. Das verteilte Mittel ist hier meistens Wasser, damit auch wirklich niemand zu Schaden kommt.

Die Kartusche im Ernstfall gegen den Täter zu werfen, halte ich für absolut nicht sinnvoll, denn die wenigsten von uns können so kraftvoll und gezielt einen sich bewegenden Körper treffen, dass dies eine ausreichende Maßnahme zur Selbstverteidigung darstellen könnte.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass es eine Altersbeschränkung gibt, mehrere Verteilungsarten des Gases, es viel im Vorfeld und nach einem Angriff zu bedenken gibt und man auch hier ein Wackelkandidat hinsichtlich einer Verurteilung ist. Ganz zu schweigen von der möglicherweise fehlenden Übung für den Einsatz.

 

Unter diesen ganzen Aspekten ist noch anzumerken, dass CS-Gas-Kartuschen nur in Security Shops online, oder bei Waffenhändlern erworben werden können und ihr mit 25 € bis 30 € garantiert dabei seid.

 

 

Pfefferschaum / Pfeffergel

 

Um dem Ganzen die Krone der Verwirrung aufzusetzen, gibt es bei alledem auch noch Schaum oder Gel.

Ich brauche hier aber nicht mehr viel Text, denn es handelt sich hierbei ausschließlich wieder um Tierabwehr-Produkte, so dass die Verwendung gegen den Menschen absolut unzulässig ist. Andere Hinweise habe ich hierzu nicht finden können.

 

Der Schaum bzw. das Gel setzen sich am Gegner direkt fest und lassen sich auch durch intensives Wischen kaum entfernen. Das weitere Problem ist, dass man hier nicht mit Wasser zum Abwaschen reagieren kann, denn dadurch lässt die Wirkung nicht nach. Des Weiteren können durch den Schaum oder das Gel die Atmung des Gegners so beeinträchtigt werden, dass ihr definitiv Erste Hilfe leisten müsst. Es gibt hier nur ein Gegenmittel, mit dem man den Gegner wiederum ansprühen muss, damit keine weitreichenden Schäden, oder gar der Tod, eintreten.

 

Da es sich um Mittel zur Tierabwehr handelt, gebe ich auch hier nochmals den Hinweis, dass man bereits gegen euch ermitteln kann, wenn ihr die Kartusche nur bei euch führt (und angegriffen wurdet). Ihr werdet euch höchstwahrscheinlich zumindest immer rechtfertigen müssen, warum ihr sowas überhaupt dabei habt und ob es eure Absicht ist, einem Menschen zu schaden. Ganz gleich, was der Täter vorhatte.

 

Abschließend kann ich euch noch sagen, dass das Netz voll ist von Informationen über Pfefferspray & Co., sich aber nur die wenigsten auskennen bzw. deutlich machen, wie hoch das Risiko ist, sich damit zu bewaffnen.

 

Ich habe hier vier Links angefügt, die Testreihen beinhalten und auch Rechtliches etwas beleuchten:

 

https://www.all4shooters.com/de/shooting/zubehoer/abwehrsprays-und-pfeffersprays-zur-selbstverteidigung-test/

https://www.all4shooters.com/de/shooting/zubehoer/pfefferspray-selbstverteidigung-vergleich/

https://www.all4shooters.com/de/shooting/zubehoer/pfefferspray-rechtliche-situation-europa/

https://pfefferspraykaufenhq.de/was-ist-der-unterschied-zwischen-pfefferspray-und-cs-gas/#more-1412

 

Ich hoffe, ich konnte euch ein wenig über Pfefferspray, CS-Gas etc. informieren, damit ihr euch weitergehend damit auseinander setzen könnt, wenn ihr wollt.

 

Nach wie vor steht der Übungskurs noch aus, in dem ich mehrere „Bewaffnungsmöglichkeiten“ vorstellen werde und wir damit auch üben können. Sobald meine Rekonvaleszenz-Phase abgeschlossen ist, werde ich neue Termine bekannt geben. Bei Bewaffnung ist aber wichtig, dass man verinnerlicht hat, dass man regelmäßig üben und sich damit auseinander setzen sollte. Denn unser Gehirn ist leider recht träge und macht es sich bequem. Gleiches gilt für das normale Training ;)

 

Ich möchte auch noch darauf hinweisen, dass es schwierig ist, sich mit rechtlichen Fällen zu befassen, in denen Pfefferspray oder CS-Gas zum Einsatz gekommen waren. Die Öffentlichkeit wird niemals an die vollständige Ermittlungsakte gelangen, was dazu führt, dass eine objektive Bewertung des Falles nicht möglich sein wird. Zudem neigen wir Menschen dazu subjektiv zu entscheiden und unseren Gerechtigkeitssinn siegen zu lassen, obwohl uns nicht alle Aspekte bekannt sind. Daher ist es wichtig, sich im Vorfeld mit den rechtlichen Gegebenheiten zu befassen und sich nicht auf Hörensagen oder „Präzedenzfälle“ zu verlassen.

 

Kleine Exkursion nachdem wir Spray, Gas, Schaum zu Abwehrzwecken behandelt haben.

 

Besitzt ihr eigentlich einen Feuerlöscher? Zu Hause und auch im Auto?

 

Gerade bei Angriffssituationen am Auto ist es möglich, den Feuerlöscher gegen den Angreifer zu verwenden. Wichtig ist hier, dass der Feuerlöscher so platziert ist, dass dieser unter einem Vorwand gegriffen werden und relativ einhändig eingesetzt werden kann.

 

Da wir Frauen unsere Handtasche aus Sicherheitsgründen sowieso besser auf dem Rücksitz oder im rückwärtigen Fußraum transportieren sollten, kann hier die Ausrede (die nicht mal eine ist, da der Täter ja neben einem stehend sehen kann, dass sich die Handtasche dort befindet) verwendet werden, dass man nach hinten greifen muss, um die Geldbörse etc. zu holen.

 

Wenn dann entweder am unteren Bereich der Mittelkonsole der Feuerlöscher befestigt ist, oder ggf. an der Tasche des Beifahrersitzes, kann dieser relativ gut genommen und eingesetzt werden.

Aber auch hier ist abzuwägen, ob der Einsatz die erste Wahl ist. Unter vorgehaltener Waffe würde ich dies nicht empfehlen.

 

Bei Fragen, einfach fragen.

Viele Grüße